Man hatte zu der Zeit noch keine Bibliotheken
für Kinder veranstaltet. Die Alten hatten selbst noch kindliche
Gesinnungen, und fanden es bequem, ihre eigene Bildung der Nachkommenschaft
mitzutheilen. Außer dem Orbis pictus des Amos Comenius
kam uns kein Buch dieser Art in die Hände; aber die große
Foliobibel, mit Kupfern von Merian, ward häufig von uns durchblättert;
Gottfrieds Chronik, mit Kupfern desselben Meisters, belehrte
uns von den merkwürdigsten Fällen der Weltgeschichte;
die Acerra philologica that noch allerlei Fabeln, Mythologien
und Seltsamkeiten hinzu; und da ich gar bald die Ovidschen Verwandlungen
gewahr wurde, und besonders die ersten Bücher fleißig
studirte: so war mein junges Gehirn schnell genug mit einer Masse
von Bildern und Begebenheiten, von bedeutenden und wunderbaren
Gestalten und Ereignissen angefüllt, und ich konnte niemals
lange Weile haben, indem ich mich immerfort beschäftigte,
diesen Erwerb zu verarbeiten, zu widerholen, wieder hervorzubringen.
Einen frömmern sittlichern Effect, als jene mitunter rohen
und gefährlichen Alterthümlichkeiten, machte Fenelons
Telemach, den ich erst nur in der Neukirchischen Übersetzung
kennen lernte, und der, auch so unvollkommen überliefert,
eine gar süße und wohlthätige Wirkung auf mein
Gemüth äußerte. Daß Robinson Crusoe
sich zeitig angeschlossen, liegt wohl in der Natur der Sache;
daß die Insel Felsenburg nicht gefehlt habe, läßt
sich denken. Lord Ansons Reise um die Erde verband das
Würdige der Wahrheit mit dem Phantasiereichen des Mährchens,
und indem wir diesen trefflichen Seemann mit den Gedanken begleiteten,
wurden wir weit in alle Welt hinausgeführt, und versuchten
ihm mit unsern Fingern auf dem Globus zu folgen. Nun sollte mir
auch noch eine reichlichere Ernte bevorstehen, indem ich an eine
Masse Schriften gerieth, die zwar in ihrer gegenwärtigen
Gestalt nicht vortrefflich genannt werden können, deren Inhalt
jedoch uns manches Verdienst voriger Zeiten in einer unschuldigen
Weise näher bringt.