Ein Storch, der den Gesang eines sterbenden Schwans mit anhörte, sagte ihm, daß es wider alle Natur sey, in solchen Umständen zu singen, und war begierig, die Ursache davon zu wissen. Da ich jetzt, antwortete der Schwan, in einen Stand treten soll, in welchem ich weder Hunger, noch den Gefahren der Verfolgung länger ausgesetzt seyn werde, kann ich wohl anders, als mich über eine so glückliche Veränderung freuen?
Lehre.
Der Tod ist die gewisse Befreyung von allen
Beschwerlichkeiten, Leiden und Gefahren des Lebens.
Es ist eine große Thorheit, das zu
fürchten ,was man unmöglich vermeiden kann; noch eine
weit größere Thorheit aber ist es, die Befreyung von
allem Uebel zu fürchten; denn der Tod erlöset uns von
allen Krankheiten, und entladet uns aller Sorge. Doch ist es auch
eine eben so große Thorheit, uns auf sein unvermeidliches
Schicksal nicht vorzubereiten. Wir müssen eben so gewiß
wieder aus der Welt, als gewiß wir herein gekommen sind;
und nichts, als das Bewußtseyn eines guten Lebens, ist uns
in den letzten Stunden zu trösten vermögend. Die Erdichtung
von dem Sterbeliede des Schwans soll, nach ihrer versteckten Bedeutung,
nichts als eine Aufmunterung seyn, unser Ende so heiter und vergnügt
seyn zu lassen, als es nur möglich ist, und dabey zu bedenken,
wenn der Tod, als eine Befreyung von den Sorgen, Beschwerlichkeiten
und Gefahren eines unruhigen Lebens, auch schon den Thieren angenehm
ist, für was für einen weit größeren Segen
ihn jeder Tugendhafte zu halten habe, welcher nicht allein von
allen Versuchungen, Fallstricken und Zerstreuungen einer bösen
Welt dadurch erlöset, sondern auch zugleich in den Besitz
eines ewigen Friedens, und in den Genuß unvergänglicher
Freuden, versetzt wird.