In der theoretischen Debatte
über Netzliteratur stößt man immer und immer wieder
auf die gleichen Forderungen: Neu muß es sein und innovativ
und dabei sollen am besten auch noch alle Möglichkeiten des
digitalen Mediums ausgeschöpft werden.
Es scheint im Netz jedoch kaum Texte zu geben, die all diesen
Anforderungen gerecht werden und dabei inhaltlich überzeugen.
Zugegebenermaßen sind auch die technischen Möglichkeiten
des Netzes für z.B. multimediale Projekte nicht gerade ideal.
Lange Ladezeiten und die immensen Kosten, die das Internet momentan
noch mit sich bringt, wären Beispiele. Schon in naher Zukunft
könnten sich diese technischen Probleme aber in Luft aufgelöst
haben. Wir wenden uns deshalb vom Internet ab und betrachten digitale
Möglichkeiten an sich, ohne darauf zu achten, ob sie momentan
netzfähig sind. Uns scheint, daß die geforderte optimale
Ausschöpfung der digitalen Möglichkeiten eher in Computerspielen
als in herkömmlichen "Texten" realisiert wird.
Die "Spiele" Myst und Riven gingen millionenfach über
den Ladentisch, sind also so etwas wie digitale Bestseller. Was
bringt Millionen User dazu, Stunden, wenn nicht Tage mit einer
Geschichte zu verbringen, die man sich selbst mühsam Stück
für Stück erarbeiten muß? Könnte das vielleicht
eine neue Art von Literatur werden?
Wir lösen uns nun also vom herkömmliche Textbegriff
und starten den Versuch, die Spiele Myst & Riven zu "lesen"
und als neue Form von sinnlicher Literaturerfahrung zu verstehen.
- Neue und doch alte Erzähldimensionen